Flüssigkeits-assoziierte Hautschäden (FAH), Teil 2 - Diagnostik und Therapie
Flüssigkeits-assoziierte Hautschäden (FAH) entstehen bei Menschen mit unterschiedlichen Risikofaktoren und werden in verschiedene Krankheitsbilder zusammengefasst (siehe Teil 1: Klassifikation und klinische Befunde). Wie diese diagnostiziert und behandelt werden können, lesen Sie in diesem Fachbeitrag von Prof. Joachim Dissemond.
Diagnostik der FAH
Die Diagnostik der FAH sollte mit der (Fremd-)Anamnese und der klinischen Untersuchung der Betroffenen beginnen. Zudem sollte meist ein Abstrich mit Untersuchung auf Bakterien und schnell wachsende Pilze (Hefen) erfolgen. Bei Verdacht auf eine Allergie ist zudem eine allergologische Testung sinnvoll.
Klinische Hinweise auf ein Allergie (allergisches Kontaktekzem) sind in diesem Kontext Juckreiz, unscharf begrenzte Ekzeme, die über das Kontaktareal mit dem Allergen hinausreichen sowie ein verzögertes Auftreten der Hautveränderungen einige Tage nach Allergenkontakt. Für die entsprechende Objektivierung sollten die verdächtigten Kontaktallerge in der Epikutantestung auf dem Rücken der Patienten getestet werden.
Allergologische Testung
Die allergologische Testung in Form eines Epicutan-Tests dauert mindestens vier Tage. Zuvor ist eine gezielte Anamnese sinnvoll, um die zu testenden Allergene zu identifizieren. Zusätzlich zu offiziellen Testreihen können auch patienteneigene Produkte getestet werden, die für die direkte Applikation auf der Haut zugelassen sind. Dies gilt für fast alle Wundheilungs- und Hautpflegeprodukte. Nicht getestet werden sollten beispielsweise Wasch- oder Reinigungsmittel, da es hier zu nicht-allergisch bedingten, irritativen Hautreaktionen kommen kann.
Die Durchführung der Testung sollte möglichst erst nach Abheilung der akuten Ekzeme erfolgen. Die Testreaktionen können durch die systemische Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten wie beispielsweise Kortison oder Ciclosporin falsch negativ ausfallen. Daher müssen solche Medikamente frühzeitig vor einer allergologischen Testung abgesetzt werden. In dem Testareal sollte auch mindestens eine Woche vor Beginn der Testung keine Kortison-Salbe aufgetragen worden sein. Eine Testung sollte auch nicht durchgeführt werden, wenn innerhalb von einem Monat vor der Testung eine intensive Sonnenexposition erfolgt ist.
Grundprinzipien der Therapie
Für einen langfristigen Therapieerfolg ist die kausal ansetzende Behandlung der Patienten mit FAH zwingend notwendig. Die lokale Behandlung richtet sich nach dem jeweiligen klinischen Bild und muss individuell angepasst werden. Bei größeren Mengen von Körperflüssigkeiten sollten Hilfsmittel eingesetzt werden, die Flüssigkeiten von der Haut wegleiten bzw. fernhalten.
Hautreinigung
Eine Säuberung der Haut sollte vorsichtig mit hypoallergenen, nicht irritierenden Produkten erfolgen. Wasser ist hierbei sparsam zu verwenden. Produkte, die beispielsweise ätherische Öle oder Alkohole enthalten sollten nicht eigesetzt werden. Stattdessen werden Produkte empfohlen, die nicht separat abgespült werden müssen. Oft eignen sich auch Pflege-/Feuchttücher oder Einweg-Waschsysteme. Nach der Hautreinigung sollte die Haut vorsichtig abgetrocknet und keinesfalls trocken gerubbelt oder geföhnt werden.
Inkontinenzmanagement
Das Inkontinenzmanagement ist bei allen inkontinenten Patienten sehr wichtig. Urin und/oder Stuhl auf der Hautoberfläche sollte rasch, gründlich und schonend entfernt werden. Um die Kontinenz zu fördern oder zu erhalten, kommen eine Reihe konservativer Optionen wie Beckenboden- und Blasentraining aber im Einzelfall auch interventionelle Verfahren in Betracht. Oft können zumindest kurzfristig ableitende Hilfsmittel eingesetzt werden, wenn bereits Hautschäden durch Körperflüssigkeiten vorliegen oder dünnflüssiger Stuhl unkontrolliert abgeht.
Infektionen vermeiden
Die kurzzeitige Anwendung von Kortison-Salben kann bei ausgeprägten Ekzemen nach dermatologischer Verordnung sinnvoll sein. Wenn lokale Infektion oder ein hohes Infektionsrisiko vorliegen, sollte antimikrobiell bzw. antimykotisch behandelt werden. Hier sind es beispielsweise Präparate mit PHMB (Polihexanid) oder Silber, die angewendet werden können. Der Einsatz von Wundauflagen ist bei FAH fast immer entbehrlich und meist sogar kontraindiziert.
Hautschutz
Hautschutzprodukte müssen in ausreichender Menge und Frequenz angewendet werden. Sie können helfen, den direkten Kontakt der Haut mit Körperflüssigkeiten zu verringern und zu verhindern. Hautpflegeprodukte sollen dann die Hautbarriere stärken und wiederherstellen. Sie werden bei trockenen Hautzuständen angewendet und enthalten beispielsweise Urea und/oder Glycerol. Viele Hautpflegeprodukte haben gleichzeitig auch eine hautschützende Wirkung.
Grundprinzipien der Behandlung der Patienten mit FAH
- Kausale Behandlung, z.B. Kontinenzförderung, Vermeidung von Okklusion und Reibung in intertriginösen Bereichen.
- Reduktion der Hautexposition gegenüber Körperflüssigkeiten, z.B. ableitende und/oder aufsaugende und atmungsaktive Hilfsmittel bei Inkontinenz und stark exsudierenden Wunden.
- Einsatz von Hautpflege- und Hautschutzprodukte.
- Edukation von Patienten und ggf. Angehörigen über Entstehung und Vermeidung von FAH.
Fazit für die Praxis
FAH sind im klinischen Alltag weiterhin eine große Herausforderung, die ein multiprofessionelles Behandlungsteam erfordert. Falls möglich sollte auf der Basis einer adäquaten Diagnostik immer eine kausale Behandlung angestrebt werden. Ebenso wichtig ist es, gemeinsam mit den Patienten und ggf. Angehörigen Strategien der Behandlung und Prävention zu entwickeln. Hier sind es Kenntnisse u.a. über Kontinenzmanagement, Verwendung leistungsfähiger aufsaugender Hilfsmittel mit guter Retention sowie konsequenter Hautschutz und adäquate Hautpflege, die über eine Edukation vermittelt werden sollten.
Autor:
Prof. Dr. med. Joachim Dissemond
Oberarzt, und u.a. ärztlicher Leiter der zertifizierten dermatologischen Wundambulanz.
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Essen
Quellen:
Dissemond J, Assenheimer B, Gerber V, Hintner M, Jukic-Puntigam M, Kolbig N, Koller S, Kurz P, Läuchli S, Probst S, Protz K, Steiniger A, Strohal R, Traber J, Kottner J. Flüssigkeits-assoziierte Hautschäden (FAH): Eine Best-Practice Empfehlung von Wund-DACH. J Dtsch Dermatol Ges 2021; 19: 815-827.
Sie wollen keine Fachartikel verpassen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Hier geht's zum Online-Formular.
Mehr Informationen zum Thema:
Blogs